Das Pfründhaus des Markgröninger Spitals
Der Markgröninger Schachverein hat sein Spiellokal in stilvoller Renaissance-Umgebung: im 1509 erbauten Pfründhaus, dem Wohngebäude des im Mittelalter gegründeten Spitals des Heilig-Geist-Ordens. Dort traten wir am Sonntagmorgen vollzählig zu acht an – allerdings in etwas geschwächter Aufstellung, denn unser Spitzenmann Martin Recker konnte diesmal nicht mitspielen. So mussten die übrigen Spieler nach vorne zu den stärkeren Brettern aufrücken. Die Markgröninger hatten es allerdings noch schlechter getroffen, denn sie konnten nur sechs Mann aufbieten. So begann der Wettkampf mit einem Vorsprung von 2:0 für uns.
An diesem sonnigen Sonntagmorgen sprach einiges für einen Spaziergang in der schönen historischen Altstadt von Markgröningen. Das fand jedenfalls Michael Beckenkamp an Brett 1. Nach einer Stunde und achtzehn Zügen bot er seinem Gegner Remis an, trotz besserer eigener Stellung. Das Angebot wurde gerne angenommen. Auch Axel Lang und Hermann Scholl erreichten noch am Vormittag ein sicheres Remis.
Dann allerdings drohte der Wettkampf zu kippen: Sedat Baydar hatte im Bauernendspiel ein sicheres Remis in Aussicht. Er wollte jedoch mehr erreichen, spielte auf Gewinn, überzog seine Chancen und verlor. Matthias Steinhart hatte in der Eröffnung sehr gut gespielt und Materialgewinn erzielt. Dann allerdings leistete er sich eine strategische Fehleinschätzung – und musste ansehen, wie eine bedrohliche Bauernwalze auf seine Königsstellung zurollte. Alexander Widmaier hatte in der Eröffnung eine Figur eingebüßt. Unversehens fanden wir uns auf der Verliererstraße.
Mit dem Mut der Verwzeiflung suchte Alexander Kompensation im Angriff. Er schuf eine komplizierte, wilde Stellung, voller taktischer Finessen und Fallstricke. Damit setzte er den Gegner auch zeitlich unter Druck. Im letzten Zug vor der Zeitkontrolle konnte Alexander die Früchte seiner Bemühungen ernten: In böser Zeitnot hatte sein Gegner übersehen, dass einer seiner Läufer bedroht war. Nach diesem Figuren-Rückgewinn konnte Alexander die Partie sicher zum Remis führen.
Zur allgemeinen Überraschung konnte auch Matthias die gegnerische Bauernphalanx entschärfen. Als Übermacht blieb seinem Gegner nur noch ein einzelner Randbauer, der im Turmendspiel nicht zum Sieg reichte. Mit diesen beiden glücklichen, aber zäh und tapfer erkämpften Unentschieden hieß es am Ende 4½:3½ für uns; wir konnten den Mannschaftssieg doch noch mit nach Freiberg nehmen.
Michael Beckenkamp